Predigt zum Muttertag - 12.05.2024

2024-05-12 Sarah

Predigt zu Maria, am Muttertag

Ich hatte es in der Begrüßung schon angekündigt, wir wollen heute auch Maria, die heilige Maria, Mutter Gottes, denken.

Hier bei uns, in der evangelischen Kirche spielt Maria nur noch eine untergeordnete Rolle. Was ich sehr schade finde, da ich davon überzeugt bin, dass sie für unseren christlichen Glauben eine sehr wichtige Rolle spielt.

Das wir, Protestanten, Maria fast vergessen haben, liegt zum einen daran, das wir davon ausgehen, das jeder Mensch eine direkte Verbindung zu Gott hat. Wir müssen keine Heiligen anrufen, damit sie unsere Bitten vor Gott bringen.

Zum Anderen, lautet einer der reformatorischen Grundsätze “Solus Christus”. Das Heil ist allein durch Jesus Christus zu den Menschen gekommen. Maria ist komplett hinter ihrem Sohn verschwunden

Bei unseren katholischen Geschwistern, sieht es dagegen ganz anders aus. Es gibt viele Festtage, Lieder und Gebete nur zu ihren ehren. Sogar der schönste Monat des Jahres, der Mai, ist ihr gewidmet.

Was ist also so faszinierend an ihr? Oder vielleicht etwas persönlicher: was finde ich so faszinieren an ihr.

Zunächst einmal, hat es ganz praktische Gründe. Unser Glaube, unser Gottesbild ist sehr männlich geprägt - Der Herr, der Vater, der Sohn. Ich, persönlich, finde es sehr gut, dass es wieder in unser Bewusstsein rückt, das Gott über den Geschlechtern steht, und auch eine weibliche Seite hat. Das war schon im Alten Testament bekannt. Im alt-hebräischen haben die Worte “Barmherzigkeit” und “Gebärmutter” den selben Wortstamm. Die Barmherzigkeit ist also etwas zutiefst weibliches.

Du hast es vielleicht bemerkt, ich habe im Votum, Gott auch als Mutter bezeichnet. Aber, ich muss es mir jedes mal bewusst machen, was ziemlich anstrengend ist. Und spätestens beim Wort Gott, grammatikalisch maskulinum, bin ich wieder beim er und habe ein eher männliches Bild - Aber das mit dem Gendern ist ein Thema für einander mal.

Maria, als Frau und Mutter, schafft für mich einen Gegenpol zu all der Maskulinität. Mit Maria fühle ich mich, mit meiner Weiblichkeit, im Glauben repräsentiert.

Es gibt viele außergewöhnliche Frauen in der Bibel, auch abseits der bekannten Stellen. Debora, die erste Richterin; Judith, die Holofernes überwältigt hat; oder Rut und Noomi, die es geschafft haben sich in einer patriarchalen Welt zu behaupten.

Oder, ich schaue, in der katholischen Tradition, bei den Heiligen. Da gibt es zum Beispiel Johanna von Orleon, auch als Jean d’Arc bekannt; Hildegard von Bingen, die sich schon im Mittelalter für die Würde der Frauen eingesetzt hat; oder noch gar nicht so lange her, Edith Stein, die sich für den jüdisch christlichen Dialog stark gemacht hat. Die Liste außergewöhnlicher Frauen ist schier endlos.

Aber etwas hat Maria, das die anderen nicht haben. Ohne Maria, wäre das Christentum, so wie wir es heute kennen nicht möglich gewesen, hätte es Jesus nicht gegeben.

Eigentlich hätte Gott auch einfach einen Lehmklumpen nehmen und Jesus daraus formen können. Bei Adam, hat er es auch so gemacht. Dann hätte Jesus aber etwas entscheidendes gefehlt, ein Mutter.

Eine Mutter zu haben, ist etwas, das uns alle verbindet. Wir alle haben eine Mutter, ob wir kontakt zu ihr haben, oder nicht; ob sie noch lebt, oder schon verstorben ist. Wir alle haben eine Mutter, die uns 9 Monate lang wohl behütet in ihrem Bauch getragen hat. Die für uns die Mühen der Schwangerschaft und die Schmerzen bei der Geburt auf sich genommen hat. All die Opfer, nur für uns ganz persönlich, um uns unser Leben zu schenken. Das ist etwas, das Gott alleine nicht leisten kann.

Und auch für seinen Sohn, braucht Gott eine Mutter. Er braucht eine menschliche Frau, die bereit ist an seinem Werk mitzuwirken. Ohne Maria, und ihre Bereitschaft, Gott zu helfen, wäre die Menschwerdung nicht möglich gewesen. Hätte es das Zusammenspiel zwischen Gott und den Menschen nicht gegeben, hätte es die Erlösung nicht gegeben.

Obwohl Maria eine so wichtige Rolle spielt, erfahren wir in der Bibel nicht viel über sie.

Lange Zeit verkörperte Maria, das Bild einer unterwürfigen Frau, die sich um die Kinder und den Haushalt kümmert, und ansonsten leise ist und bloß nicht stört. Vielleicht erinnerst du dich noch an die Szene im Lukas Evangelium, als ein Engel zu Maria gekommen ist und ihr verkündet hat, dass sie ein Kind empfangen wird. Am Ende hat sie mit

Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast (Lk1,38),

geantwortet. Zugegebener Maßen, klingt das nicht sehr emanzipiert und wurde sehr lange Genutzt, um Frauen zu unterdrücken. Dabei wird leider der Teil davor aus dem Blick verloren. Maria sagt nicht sofort ja, als der Engel kommt. Sie fragt interessiert nach. Sie möchte verstehen wie und was passiert, bevor sie eine Entscheidung trifft.

Selbst, kommt Maria nur im Magnificat zu Wort. Wir haben es gerade in der Lesung, in einer musikalischen Interpretation von unserer Kantorei, gehört. Das Magnificat ist ein Lobgesang auf Gott, der Marias Frömmigkeit und Freude über die Schwangerschaft unterstreicht. Ich finde es bemerkenswert, dass Es auch kritische Verse enthällt.

Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen. (Lk 1,52-53)

Maria übt hier Gesellschaftskritik. Ganz direkt und offen.

In meinen Augen, ist Maria eine fromme, intelligente, emanzipierte Frau, die Ungerechtigkeiten nicht einfach so hin nimmt, sondern laut wird und dagegen ankämpft. Und sie ist eine Mutter, die sich liebevoll um ihren Sohn gekümmert hat. Kurz um, für mich hat sie Vorbildcharakter.

Und für Gott, war sie die ideale Mutter, für seinen Sohn. Eine Frau, mit den richtigen Eigenschaften, um Jesus einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.

Wie ist das bei dir? Was macht deine Mutter so besonders? Welche Eigenschaften bringt sie mit, um dir eine gute Mutter zu sein?

Wenn du heute Nachmittag bei deiner Mutter, vielleicht auf ein Stück Käsekuchen, eingeladen bist, oder ihr miteinander telefoniert, oder du ihr Grab besuchen gehst, denk an all die Opfer, die sie nur für dich gebracht hat. Oder vielleicht auch noch bringt, und sag einfach mal Danke.

Amen.