Predigt zu Ps 147,3 - 20.10.2024
Predigt zu Psalm 147,3
Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.
Ein gebrochenes Herz, das kennen wir alle. Das erste was einem da in den Sinn kommt, klar: Liebeskummer. Aber auch ein Jobverlust oder dabei zuschauen, wie eine andere Person verletzt wird, kann uns im Herzen, an der Seele wehtun und Wunden hinterlassen. Den Schmerz, die Trauer, das kennen wir, leider, nur zu gut. In diesen Momenten der Trauer, ist es schwierig, bis unmöglich die richtigen Worte zu finden, um zu trösten und Trost zu finden. Meistens bleibt uns ersteinmal nichts anderes übrig, als die Gefühle da sein zu lassen und auszuhalten. Und wir können uns darauf verlassen, dass Gott immer an unserer Seite ist und uns tröstet.
Ich würde den Blick gerne auf das Lenken, dass nach der Trauer kommt. Die Heilung. Heilung ist ein langer und manchmal auch schmerzhafter Prozess. Aber es gibt uns auch die Chance, daran zu wachsen uns weiter zu entwickeln, stärker zu werden. Wenn ich beim Sport über den Muskelkater geklagt habe, hatte meine Trainerin immer mit “Schmerz heißt Veränderung. Und du willst doch, das sich was verändert, oder?” geantwortet. Nicht nur auf die Muskeln, die wachsen, sondern auch auf unser Leben übertragen, hat dieser Spruch sehr viel wahres. Die schmerzhaften Erlebnisse sorgen dafür, dass wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen, sondern dass wir uns bewegen und vorankommen. Wenn wir unseren Job verlieren, werden wir dazu gezwungen uns etwas neues zu suchen. Im besten Fall etwas, dass viel mehr zu uns passt und unseren Fähigkeiten entspricht. Die Trennung von meiner Ex-Frau, nach 17 Jahren Beziehung, hat mir sehr weh getan und ich habe auch lange gebraucht, den Schmerz zu überwinden. Es hat mir aber auch die Möglichkeit gegeben, einen neuen wundervollen Menschen an meiner Seite zu haben und mich neu zu verlieben. Die Liebe und das Verliebtsein, hat meinen Schmerz um ein Hundertfaches wieder wettgemacht.
Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.
Halt! Stopp. Kein Amen. Das war eine ziemlich erwartbare Predigt. Empathisch sein, das Publikum abholen und wenn keine Lösung in sicht ist, ablenken. Einen Perspektivwechsel anbieten und am Ende wird alles gut. Wer’s glaubt wird seelig. In der Kirche habe ich viel zu häufig das Gefühl, dass immer alles Friede, Freude, Eierkuchen ist und Gott das schon regeln wird. Das Leben ist aber nicht immer gut. Und es wird auch nicht alles Gut. Und manchmal reicht Gott nicht aus. Was kein Zeichen für einen schwachen Glauben, oder dafür, dass Gott dich bestraft, ist. Lass dir nichts einreden.
Es gibt Verletzungen, die nicht mehr geheilt werden können. Ganz plastisch, wenn ein Bein so schwer verletzt ist, dass es amputiert werden muss, ist es weg. Es wächst nicht nach. Auch an unserer Seele gibt es Wunden, die so tief sind, dass sie nicht mehr richtig heilen.
Das griechische Wort für Wunde lautet Trauma.
Wenn wir einmal so schwer Verletzt und traumatisiert sind, können wir nur noch lernen, damit umzugehen. Den Schmerz zu verdrängen, und versuchen ein halbwegs normales Leben zu führen. Bis wir wieder in einer Situation landen, die die Wunde aufreißt. Das kann alles sein, ein Wort, ein Bild, ein Geruch. Ein echter Trigger, nicht das, wie das Wort mittlerweile inflationär benutzt wird.
Traumata entstehen unter anderem durch extreme Ereignisse, die wir miterlebt haben. Zum Beispiel ein Unfall, Krieg oder schwere Krankheit. Große Traumata können aber auch durch andauernde regelmäßige kleinere Verletzungen, die wir erleiden entstehen. Psychische Gewalt kann schwere seelische Schäden hinterlassen. Gerade Menschen, die einer Minderheit angehören, die tag täglich der Diskriminierung ausgesetzt sind, haben ein hohes Risiko unheilbare seelische Verletzungen zu erleiden. Nicht nur irgendwelche Menschen, WIR, haben ein hohes Risiko.
Unsere Seelen sind fragil und Gott kann uns nicht vor allem schützen.
Traumata sind da und real. Sie sind kein zeichen von Schwäche, oder Faulheit, wenn wir morgens nicht aus dem Bett kommen. Dann Gott ist da. Wir können uns festhalten, Trost suchen und neue Kraft tanken.
Traumata können dafür sorgen, dass unser Leben so schwer wird, dass wir jegliche Lebenslust verlieren. Dann ist Gott da. Spätestens dann braucht Gott aber auch Unterstützung, um uns zu helfen. Da ist dann auch die Seelsorge, Therapeut*innen und im Notfall auch ein Krankenwagen für uns da. Wir müssen nur drüber reden und uns Hilfe holen.
Gott heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Wunden.
Meistens, aber nicht immer. Und das kann und soll hier auch gesagt werden.
Amen.